Im August des vergangenen Jahres haben wir uns in einem Beitrag mit den Gründen und Auswirkungen Fachkräftemangels in Deutschland befasst. Wir vertraten (und vertreten weiterhin) die Ansicht, dass das Problem Fachkräftemangel im Kern ein Recruitment Marketing Problem ist, dessen Lösung eine durchgehende Digitalisierung, bzw. eine digitale Transformation sämtlicher HR-Prozesse voraussetzt.
Mit Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang des Jahres hat sich die damalige Situation grundlegend gewandelt und wir müssen uns die Frage stellen was sich fundamental geändert hat.
Hier zunächst die wichtigsten Fakten:
- Die kumulative Zahl der bestätigten Fälle der Lungenerkrankung COVID-19 beläuft sich bis zum 4. September 2020 auf weltweit über 26,3 Millionen.
- Die Zahl der Todesopfer in Zusammenhang mit dem Corona-Virus stieg bis zu diesem Tag weltweit auf mehr als 868.000 Fälle.
- Das Corona-Virus hat sich mittlerweile in mehr als 185 Ländern ausgebreitet. Derzeit werden aus den USA, Brasilien, Indien und Russland die höchsten Fallzahlen gemeldet.
- In Europa verzeichnen Italien, Spanien, Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich die meisten COVID-19-Fälle.
- Während sich die COVID-19 Fallzahl in Ländern wie Deutschland, Frankreich und Spanien nach Erreichen der 100. Neuinfektion innerhalb von rd. 8 Tagen verzehnfacht hat, breitete sich das Virus z.B. in den USA und in Brasilien in der ersten Woche nach dem 100. Fall noch einmal deutlich schneller aus.
Die USA verzeichnen mit mehr als 6,15 Millionen Fällen die meisten Infektionen weltweit. Die kumulative Zahl der weltweit bestätigten Fälle der Lungenkrankheit COVID-19 beläuft sich bis zum 4. September 2020 auf mehr als 26,3 Millionen. (Quelle: statista, September 2020)
Die Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik Deutschland sind trotz der verhältnismäßig geringen Fallzahlen aber wegen der hohen Exportlastigkeit der deutschen Wirtschaft gravierend:
Hier die traurigen Highlights:
- Rückgang des Brutto-Inlandsproduktes (BIP) im 2. Quartal 2020: ./. 9,7%
- Anzahl Kurzarbeiter*innen – 4,6 Millionen
- Zunahme der Arbeitslosenzahlen im Juni 2020 – + 45.479
- Arbeitslosenquote aktuell Deutschland – 6,4%
- Rückgang der gemeldeten offen Arbeitsstellen: ./. 26,5%
Aufgrund des Corona-bedingten Shutdowns der Wirtschaft prognostiziert das ifo-Institut:
- einen Rückgang des Bruttoinlandproduktes (BIP) für das Jahr 2020 in Höhe von 6,7% im Vergleich zum Vorjahr.
- Für das folgende Jahr 2021 sagt das Institut zwar eine Erholung der Wirtschaft und einen erneuten Anstieg der Wirtschaftsleistung von 6,4 % voraus, allerdings zeichnet eine aktuelle Befragung der Unternehmen in Deutschland ein eher düsteres Bild:
- Mehr als 50 Prozent aller in einer Umfrage des ifo-Instituts befragten Unternehmen aus Deutschland gaben an, dass sie nicht länger als 6 Monate überleben werden, wenn die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie noch für längere Zeit aufrechterhalten bleiben.
- Am bedrohlichsten ist der Umfrage zufolge die Lage des deutschen Einzelhandels. Von den Unternehmen dieser Branche gaben fast 45% an, bei den derzeitigen Einschränkungen nicht länger als 3 Monate überleben zu können.
- Bei einer Umfrage des DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V.) gaben von rund 8.500 befragten Unternehmen 77% an, dass sie für 2020 einen Umsatzrückgang als Folge des Corona-Virus erwarten. Lediglich 5% der befragten Unternehmen erwarten hingegen eine Umsatzsteigerung.
- 66% der befragten Unternehmen gaben an, dass ihre Beschäftigungspläne trotz der Corona-Virus-Pandemie gleich bleiben, 20% der befragten Unternehmen gaben an, dass sie aufgrund der Pandemie Personal abbauen müssen.
International ergibt sich folgendes Bild: eine im März 2020 von der OECD herausgegebene Studie thematisiert die wirtschaftlichen Folgen des Corona Virus in China seit dem Dezember 2019. Einschränkungen des Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehrs sowie Eindämmungsmaßnahmen wie Fabrikschließungen haben die Produktion und die Inlandsnachfrage in China stark eingeschränkt, die Auswirkungen auf den Rest der Welt durch Geschäftsreisen und Tourismus, Lieferketten, Rohstoffe und geringeres Vertrauen, etc. nehmen massiv zu.
Die Europäische Kommission hat ihre Wachstumsprognosen im Summer 2020 Economic Forecast ebenfalls deutlich nach unten korrigiert und prognostiziert trotz umfassender Stabilisierungsbemühungen der nationalen Regierungen eine massive Rezession für das laufende Jahr. Für die EU-27 wird der Einbruch der Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr von 7,3% (Spring update) auf nun 8,3% taxiert.
Der Ausblick für 2020 hat sich lt. Kommission in nahezu allen EU-Staaten sowie Großbritannien teils deutlich verschlechtert. Für Deutschland hat sich der Ausblick für das laufende Jahr hingegen geringfügig von -6,5% (Spring update) auf -6,3% verbessert.
Laut DIHK geht nur rund ein Drittel der befragten Betriebe davon aus, im Verlauf des Jahres 2020 zum Vorkrisenniveau zurückzufinden. Der Anteil derer, die erst 2021 mit einer normalen Geschäftstätigkeit rechnen, ist hingegen um elf Prozentpunkte auf 39% gestiegen.
Die Auswirkungen der Corona Pandemie treffen die einzelnen Branchen und Wirtschaftszweige sehr unterschiedlich. Am geringsten ist die Hoffnung auf Erholung bis Jahresende in der Tourismusbranche sowie bei Verkehr und Lagerei. Überdurchschnittlich viele Firmen in der Reisewirtschaft (11%) gehen sogar davon aus, dass sich ihre Geschäftstätigkeit gar nicht mehr normalisiert, sondern anhaltend eingeschränkt sein wird. In der Industrie beträgt diese Quote immerhin 4%.
Der Beschäftigungsabbau beginnt also. Angesichts der tiefen Einschnitte in die Geschäftstätigkeit und dem unsicheren Ausblick müssen die Unternehmen ihre Beschäftigungspläne anpassen. Ein Viertel der Unternehmen wird in den kommenden 12 Monaten voraussichtlich Personal abbauen müssen. Von den Firmen, die angeben Kurzarbeitergeld zu nutzen, geben zwar über die Hälfte an, die Beschäftigungssituation in den nächsten zwölf Monaten nicht zu verändern, zwei Fünftel hingegen berichten jedoch die Beschäftigung abzubauen.
Dies verdeutlicht, wie kritisch die Lage ist. Lediglich die Gesundheitswirtschaft plant unter dem Strich Stellen aufzubauen, alle anderen Branchen gehen von einem Stellenabbau aus: dies betrifft beispielsweise die Hälfte der im Tourismus aktiven Firmen und ein Viertel der Industriebetriebe.
Keine Frage, die Corona-Krise beeinflusst den Arbeitsmarkt massiv. In einer aktuellen Umfrage meinten 75,1% der befragten Bewerber, dass es durch die Corona-Krise mehr Bewerber geben wird, die um weniger Stellen konkurrieren. 71,5% der befragten Personalverantwortlichen waren ebenfalls dieser Meinung.
Ist bei dieser Perspektive also kurzfristig mit einer deutlichen Entspannung des Arbeitsmarktes und des Fachkräftemangels zu rechnen?
Wohl nicht, denn fast 84 Prozent der Personalverantwortlichen denken auch, dass der Fachkräftemangel in Zeiten Coronas unverändert bleibt oder stärker werden wird.
Warum das so ist, erfahren Sie in unserem nächsten Beitrag