Digitale Transformation
Disruptive Innovationen und Geschäftsmodelle gab es schon immer: Glühbirnen, Dampfmaschinen, GPS, Mobiltelefonie, Onlinehandel, Streamingdienste, etc., die Liste ließe sich beliebig verlängern. Allerdings haben sich Kommerzialisierung und Umsetzungsgeschwindigkeit mit der rasanten Entwicklung neuer Technologien enorm beschleunigt.
Um im Markt zu bestehen und nicht von einem dynamischen Start-Up überlaufen zu werden, sind die etablierten Unternehmen nun gezwungen sich den veränderten Bedingungen immer schneller anzupassen.
Im Umgang mit der Entwicklung von disruptiven Technologien haben „reife“ Unternehmen einen systematischen Wettbewerbsnachteil: disruptive Technologien entstehen i.d.R. nicht auf Basis formalisierter Prozesse, sondern in einem eher unstrukturierten Umfeld.
Wenn der Geschäftsführung und/oder dem Management nicht ausreichend Zeit zur Verfügung steht, sich mit dem Thema potenziell disruptiver Technologien auseinanderzusetzen, werden sich diese im Unternehmen nicht entwickeln können. Kaum jemals berücksichtigt die Technologieplanung eines Unternehmens explizit disruptive Entwicklungen.
Das ist der Grund warum diese Technologien ihren Ursprung meist in Feldern außerhalb des Kerngeschäftes großer Konzerne haben.
In der Praxis zeigt sich, dass die Experten eines Großunternehmens mentalitätsbedingt kaum geeignet sind, die Entwicklung einer potenziell disruptiven Technologie zu bewerten. Hinzu kommt, dass sich Entwicklung und Umsetzung derartiger Technologien innerhalb bestehender Strukturen als kaum möglich erweisen.
Last but not least ist die Motivation der Mitarbeiter, das bestehende Geschäft in Frage zu stellen und ggf. die zugrundeliegenden Investitionen obsolet werden zu lassen i.d.R. nicht gegeben.
Dieser Umstand hat bei fast allen Großunternehmen schon vor Jahren zur Gründung eigener („captive“) VC-Beteiligungsgesellschaften geführt, in der Hoffnung, dass man dort das kreative Potential des Unternehmens „versammeln“ und diese Mitarbeiter von den Restriktionen eines Großunternehmens befreien könne. Dass auch dieser Ansatz nur bedingt zielführend ist, liegt in erster Linie an der Inkompatibilität der Anreizstrukturen von Mitarbeitern in Großunternehmen mit denen im Start-Up Umfeld.
Somit befinden sich Großunternehmen in einem echten Dilemma. Einfach in Technologie zu investieren, um bestehende Funktionen und Prozesse zu digitalisieren reicht nicht aus, um ein Unternehmen oder eine Branche zu transformieren. Die digitale Transformation erfordert dramatische, oder besser revolutionäre, „disruptive“ Veränderungen wichtiger wettbewerbsrelevanter Unternehmensprozesse. Dieser Zwang zur Veränderung ist von entscheidender Bedeutung für alle Unternehmen unabhängig von ihrer Größe, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen auszusterben.
„Wir befinden uns inmitten einer massiven digitalen Transformation und ständigen Veränderung. „Das Ausmaß dieser Transformation und ihrer Auswirkungen wird immer noch nicht voll verstanden.“
(Thomas M. Siebel: „Digital Transformation – Survive and Thrive in an Era of Mass Extinction “, Rosetta Books, NY 2019)